Kann die BU-Versicherung verlängert werden?
“Ich habe meine Berufsunfähigkeitsversicherung zu kurz abgeschlossen, kann ich diese verlängern?”
1. Kann ich meine Berufsunfähigkeitsversicherung verlängern?
Nein, Du wirst Deine Berufsunfähigkeitsversicherung nicht verlängern können.
Diese Aussage kommt direkt zu Beginn, um Dir keine falschen Hoffnungen zu machen. Es betrifft leider sehr viele Personen, die eigentlich eine Absicherung bis zum passenden Endalter 67 benötigen, aber ihre BU-Versicherung nur bis z.B. 60 Jahre abgeschlossen haben. Mitte der 1990er bzw. 2000er war es eher noch normal, dass eine Berufsunfähigkeitsversicherung nur bis 60 Jahre abgeschlossen wurde. 2012 wurde dann auch die Rente bis 67 Jahre umgesetzt, vorher lag das reguläre Eintrittsalter bei 65 Jahre. Auch das beschleunigte noch etwas die Unzufriedenheit der zu kurz abgeschlossenen Berufsunfähigkeitsversicherung.
2. Wie komme ich nun auf eine längere Absicherung meiner Berufsunfähigkeitsversicherung?
Da kommst Du nicht daran vorbei, die Gesundheitsfragen in der Berufsunfähigkeitsversicherung nochmals neu zu beantworten. Dies kann im bisherigen Vertrag passieren oder auch bei einem neuen Anbieter. Dein bisheriger Vertrag von A wie Allianz wie Z wie Zurich dürfte durch ein aktuelles Vertragswerk ersetzt werden. Es ist quasi ein Neuabschluss. Ein Neuabschluss bzw. Verlängerung hat aber enorme Tücken, welche wir Dir kurz aufzeigen möchten.
Die Nachteile bei der Verlängerung der Berufsunfähigkeitsversicherung
Dass Du eine neue Gesundheitsprüfung abschließen musst, dürfte Dir nun bekannt sein. Die Erfahrung zeigt, dass dies immer schwieriger wird, je älter man ist. Diverse Vorerkrankungen und Wehwehchen nehmen altersbedingt zu. Dich muss ein neuer (oder auch der alte Versicherer) bekanntlich nicht nehmen, es besteht Vertragsfreiheit. Es ist also eventuell wahrscheinlich, dass Du eine Ablehnung, Risikozuschlag oder auch eine Ausschlussklausel bekommst. Auf jeden Fall musst Du nach der sauberen Aufbereitung der Gesundheitshistorie eine anonyme Risikovoranfrage machen, statt einen scharfen (=direkten) Antrag zu stellen.
Bei einem Neuvertrag bis 67 Jahre bzw. quasi der Verlängerung gibt es zudem noch drei Sachen zu beachten:
- Für den Vertragsabschluss / Anpassung gilt das neue Eintrittsalter. Hast Du die Berufsunfähigkeitsversicherung damals mit 30 Jahren abgeschlossen, zählt dies jetzt nicht mehr. Bist Du jetzt 50 Jahre, zählt das Eintrittsalter mit 50 Jahren. Jedes Jahr des späteren Abschlusses wird die Berufsunfähigkeitsversicherung teurer. Für manche sicherlich zu teuer. Eine Verlängerung ist dann wahrscheinlich nicht mehr möglich
- Ebenso sollte unbedingt beachtet werden, dass bei einem Neuabschluss die Fristen der vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung, sprich Falschangaben im Antrag, von vorne beginnen. Aus diesem Grund ist auch die saubere und umfassende Aufbereitung der Gesundheitsfragen so wichtig, damit Du in einem späteren Leistungsfall keine Probleme bekommst. Besitzt Du einen älteren Vertrag, bist Du aus dieser Frist wahrscheinlich schon raus, denn derzeit (!) wird nach 10 Jahren nicht mehr geprüft, ob Du wissentlich oder unwissentlich falsche Angaben im Antrag gemacht hast.
- Bist Du eher in einem körperlichen / handwerklichen / sozialen Beruf tätig, werden die Beiträge wahrscheinlich höher als gedacht für Dich sein. Vor etlichen Jahren gab es - grob gesagt - nur zwei Berufsgruppen mit “körperlich vs. nicht körperliche Tätigkeit”, mittlerweile haben einige Anbieter bis zu 100 verschiedene Berufsgruppeneinstufungen. Akademische Berufe wie Ärzte, Ingenieure, MINTler und Co. freut´s, der Heizungsbauer, die Krankenschwester oder der Maurer gucken leider sprichwörtlich in die Röhre.
Insbesondere der Neubeginn der vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung sollte aber beachtet werden. Die Gesundheitsfragen dürfen somit auf keinen Fall zu einfach genommen werden, ein Blick in die Krankenakte und den Ergebnissen der Vorsorgeuntersuchungen ist daher schon fast Pflicht.
3. Neu = Verlängerung bei Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters
Eine durchaus sinnvolle Regelung hat in den letzten Jahren Einzug gehalten in die Tarifwerke der BU-Versicherer. Auch angelehnt an die Erhöhung des Renteneintrittsalter von 65 auf 67 Jahren. Nur kühne Optimisten denken, dass die Rente bis 67 Jahre gehalten wird, wahrscheinlich wird es eher in Richtung 69 oder 70 Jahre mal gehen. Nicht, dass wir das gutheißen, aber wir können es nicht ändern. Was passiert dann eigentlich mit dem bisherigen BU-Vertrag, welcher derzeit nur bis maximal 67 Jahre läuft?
Die gute Nachricht = Moderne Vertragswerke bieten eine Verlängerungsoption an
Sprich, sollte der Gesetzgeber das gesetzliche Renteneintrittsalter erhöhen, so kannst Du auch keine Berufsunfähigkeitsversicherung verlängern bzw. das Endalter anpassen. Das ganze i.d.R. ohne eine neue Beantwortung der Gesundheitsfragen. Schauen wir uns da jetzt gleich mal zwei Vertragswerke etwas genauer an.
Die Verlängerungsgarantie der LV 1871 Berufsunfähigkeitsversicherung
Die Verlängerungsgarantie der Alten Leipziger Berufsunfähigkeitsversicherung
Das ist durchaus eine sinnvolle Regelung und insbesondere für junge Leute ein absoluter Mehrwert. Teilweise gibt es aber diverse Beschränkungen, welche Dir bekannt sein müssen.
- Es gab während der Vertragslaufzeit schon mal einen Leistungsfall, bei manchen Anbietern gilt dies auch beim Ziehen der Arbeitsunfähigkeitsklausel. Selbstverständlich darf man aktuell auch kein Leistungsfall sein.
- Das Endalter des bisherigen Vertrages darf nicht zu gering angesetzt worden sein.
- Bei vielen Versicherern endet die Option der Erhöhung aufgrund der Anhebung der Regelaltersgrenze mit um die 50 Jahre.
- Nicht bei allen BU-Versicherern gilt auch die Verlängerung bei einem Kammerberuf als Grund zur Erhöhung.
Die ersten Anbieter erhöhen das Alter zur Erhöhung auf 55 Jahre
Bis Ende 2023 lag die Grenze nach unserer Kenntnis nach bei 50 / 51 Jahre. Mittlerweile lassen einige Versicherer die Verlängerungsoption bis 55 Jahre zu.
- Die HDI Versicherung bietet diese bis 55 Jahre an
- Die kleinere Stuttgarter Versicherung hat nun auch die Grenze angehoben bis 55 Jahre
Trotzdem bleibt ein positiver Eindruck, der aber vor allem nur für neuere Vertragswerke gilt. Zudem muss auch erstmals die Regelaltersgrenze erhöht werden, das dauert (hoffentlich noch einige Jahre).
Diese Option zur Anhebung des Endalters bei Erhöhung der Regelaltersgrenze ist übrigens kostenfrei und muss nicht extra ausgewählt werden bei der technischen Ausgestaltung einer Berufsunfähigkeitsversicherung.
4. Blick in die Praxis - Wie lösen es unsere Kunden mit zu geringem Endalter?
Hier muss man fast ein bisschen unterscheiden zwischen aktuellen Kunden und Interessenten. Aktuelle Kunden bei uns haben i.d.R. kein zu geringes Endalter in ihrem Vertrag abgesichert. Aber was machen dann Interessenten?
Je jünger man ist, desto eher kann über einen Neuabschluss nachgedacht werden!
Wir erleben es häufig, dass viele Interessenten einen kleinen BU-Vertrag noch von ihren Eltern “mitgeschleppt” haben. Hier passt die Konfiguration der Berufsunfähigkeitsversicherung sehr selten. Zu geringe BU-Rente, zu geringes Endalter und auch die Tarifbedingungen sind meistens nicht so optimal, da der damalige Abschluss (gut gemeint, schlecht gemacht) über die hiesige Bank oder den langjährigen Versicherungsvertreter vor Ort erfolgte. Sollte der Gesundheitszustand gut sein, dann kann man diesen Umstand noch heilen, mit einem Neuabschluss, auch das Eintrittsalter dürfte sich noch nicht so negativ auswirken.
Unsere Erfahrung zeigt, dass ein BU-Neuabschluss bis 40, teilweise 45 Jahren noch funktionieren kann, aber das ist jetzt nur eine sehr grobe Schätzung bzw. schöpft sich auch aus unseren Erfahrungen. Darüber hinaus gibt es einfach zu viele Zipperlein. Zudem lehnen wir im Moment auch ca. 40 Prozent unserer Anfragen aufgrund mangelnder Kapazitäten ab und eine BU-Beratung für eine 50-jährige Person ist für uns wirtschaftlich eigentlich nicht tragbar. Ausnahmen bestätigen die Regel, ein Vollmandat wäre hierbei erforderlich oder eine “Geschichte” drumherum, welche sich für uns als sinnvoll darstellt.
Zu nennen sei Mitte 2023 ein Allgemeinarzt mit eigener Praxis, wo seine Berufsunfähigkeitsversicherung mit 60 Jahren ausläuft (ca. 5.000 Euro Absicherung), derzeit ist er 55 Jahre. Anbei seine bisherige Absicherung:
Seine beiden Töchter (beides Studenten der Humanmedizin) haben bei uns aber jeweils zwei BU-Versicherungen (somit wurde sauber aufgeteilt auf zwei Versicherer, um später gute Erhöhungsmöglichkeiten zu besitzen) abgeschlossen, eine Tochter wird sicherlich mal die Praxisnachfolgerin. Logisch, dass wir dann dem Vater helfen. War jetzt auch nicht so einfach, aber der gesamte Umstand hat gepasst (das ist ebenso der Fall, wenn wir z.B. das Vermögen betreuen dürfen durch unsere Bierl Invest-Strategie).
Dies war jetzt wirklich aber eher die Ausnahme bei uns, aber Ausnahmen bestätigen die Regel.
5. Teilweise Lösung zur Sicherung der Altersvorsorge bis 67 Jahre ohne Gesundheitsfragen
Gesundheitliche Gründe dürften der Hauptgrund sein, warum Du Deine zu kurz abgeschlossene Berufsunfähigkeitsversicherung nicht einfach erhöhen kannst. Es gibt dafür nun kein Patentrezept, viele unserer Kunden erhöhen dann einfach ihre Sparquote, um für den Fall der Fälle genügend Vermögen zu haben, um davon leben zu können. Es muss ja auch immer beachtet werden, dass man keinen Cent mehr in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlt, wenn man nicht mehr arbeitet = es fehlen schlichtweg die sogenannten Entgeltpunkte und man kann durchaus mal in die Altersarmut dadurch rutschen.
Vermögen aufbauen & Beitragsbefreiung der Rentenversicherung - so kann die Lücke geschlossen werden
Eine Teillösung wären hier fondsgebundene ETF-Rentenversicherungen, wo der Anbieter im Leistungsfall die Beiträge übernimmt. Das ist derzeit sogar bis zu 300 Euro möglich. Sprich, Du zahlst 300 Euro in die private Altersvorsorge ein, das Endalter beträgt 67 Jahre und es gibt keine Gesundheitsfragen, sondern entweder eine kurze Dienstobliegenheitserklärung (dass Du derzeit voll arbeitsfähig bist) oder drei Jahre Wartezeit - etwas unterschiedlich, je nach Anbieter. Du schließt also mit 47 Jahren so eine fondsgebundene Rentenversicherung ab, wirst mit 51 Jahren berufsunfähig, dann übernimmt der Anbieter die Beiträge von 51 bis 67 Jahre (aber maximal, solange Du berufsunfähig bist). Das hat durchaus seinen Charme.
Eine Übersicht über die aktuellen Anbieter findest Du unter “Beitragsbefreiung Altersvorsorge bei Berufsunfähigkeit ohne Gesundheitsfragen”.
Diese Möglichkeit solltest Du Dir unbedingt mal genauer ansehen. Die Problematik, dass Du bei einer möglichen Berufsunfähigkeit nicht mehr in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlst und somit Deine Altersrente massiv schrumpft, sollte auf keinen Fall außer Acht gelassen werden. Das wäre jetzt also eine Minimallösung, bei den meisten Interessenten ist zudem die private Altersvorsorge / Vermögensaufbau eh zu unzureichend, von daher würde man hier zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und zumindest die Absicherung der Altersvorsorge quasi verlängern. Seit kurzen gibt es zudem auch einige Anbieter, welche die Beiträge zur Rentenversicherung sogar im Leistungsfall dynamisieren - von bis zu zehn Prozent. Sprich, du sparst 250 Euro an, wirst in fünf Jahren Berufsunfähig und dann würde die Gesellschaft im nächsten Jahr 275 Euro monatlichen Altersvorsorgebeitrag übernehmen, ein Jahr später sogar über 300 Euro usw.. Auch dafür gibt es einen eigenen Artikel mit "Wie sinnvoll ist ein BU-Airbag in der Altersvorsorge?".