Kundenfrage: Warum sollte ich mehr als drei Prozent Beitragsdynamik nehmen?
| Berufsunfähigkeit
Die Thematik der passenden Beitragsdynamik ist immer eine wichtige Frage in unserer Beratung zur Berufsunfähigkeitsversicherung. Weniger für uns, mehr für unsere Interessenten bzw. baldigen Kunden. Es gibt verschiedene Berechnungen, Annahmen und Wünsche, aber wenn man uns fragt, gibt es eine ganz klare Antwort. Das ist nicht bei jedem Baustein der Berufsunfähigkeitsversicherung so, denn man kann durchaus bei manchen Features und Zusatzpunkten beide Seiten der Medaille betrachten. Nicht jedoch bei der Dynamik der Beiträge, so zumindest unserer Meinung.
So hatten wir vor wenigen Wochen einen Softwareentwickler mit Masterabschluss bei uns in der Beratung. Mitte 20, also noch das gesamte Berufsleben vor sich. Er beschäftigt sich intensiv mit der Berufsunfähigkeitsversicherung, was ja ein sehr gutes Zeichen ist. So macht die Beratung noch mehr Spaß, auch wenn man innerlich bei manchen Punkten leicht schmunzeln muss. Aber dafür sind wir ja dann da, dass wir schlichtweg zum Nachdenken anregen. So ist es auch bei einem Punkt seiner technischen Ausgestaltung gewesen. Er wünschte sich drei Prozent Beitragsdynamik, wir haben hier den Finger in die Wunde gelegt und gesagt, dass wir dies nicht empfehlen würden in seiner Situation.
Anbei ein Auszug aus seiner Mail:
Von uns gab es anschließend einige Argumente, welche wir Dir nicht vorenthalten möchten. Zwar jetzt nicht so umfangreich wie in diesem Artikel, aber die grundlegende Methodik bleibt. Vielleicht bekommst Du ja diesen Link von uns, falls Du auch der Meinung bist, dass für Dich als (angehender jung?) Akademiker eine geringere Beitragsdynamik gut wäre. Aber die Vorteile der maximalen Beitragsdynamik in der Berufsunfähigkeitsversicherung in Höhe von fünf Prozent liegen auf der Hand. Anbei unsere Gründe, ausgehend von seiner Frage:
1. Wenn die Inflation niedrig bleibt, dann kannst Du der Beitragsdynamik jederzeit widersprechen
Die Annahme unseres Softwareentwicklers war, dass die EZB (Europäische Zentralbank) das Inflationsziel von drei Prozent durchaus halten kann. 2022 und 2023 ist dies aber nicht passiert, hier gab es eine erheblich größere Inflation. Wir wissen alle nicht, was die Zukunft bringt und ob vielleicht eine Inflationsrate von fünf Prozent vielleicht mal normal sein wird. Zudem muss man ja auch die offizielle Inflation von der für sich persönlichen Inflation unterscheiden. Wird ein Computer oder Smartphone im Warenkorb aufgrund des technischen Fortschritts günstiger, wird sich das für Dich nicht bemerkbar machen. Ebenso, wenn die Spritpreise sinken und Du in der Stadt wohnst und eh nur U-Bahn, Bus und E-Scooter benutzt. Bestes Beispiel sind die Mieten, welche sicherlich in vielen Städten in den letzten zwei Jahrzehnten stärker als die zwei bis drei Prozent gestiegen sind. Oder beim Essen und Ausgehen ….
Bleibt die Inflation niedrig und Du hast wenig Bedarf an Erhöhung? Dann setze doch die Beitragsdynamik einfach aus
Das Coole an der Beitragsdynamik in der Berufsunfähigkeitsversicherung: Du musst die Dynamik gar nicht annehmen, sondern Du kannst dieser praktisch jedes Jahr widersprechen. Bei modernen und guten Vertragswerken mittlerweile sogar unbegrenzt. Du könntest beliebig oft hintereinander sagen “Dieses Jahr möchte ich die Dynamik nicht annehmen”. So bekommst Du jedes Jahr von der Versicherung (in diesem Fall von der LV 1871) ein Schreiben, wo Du auch den Hinweis bekommst, die Dynamik nicht annehmen zu müssen.
Möchtest Du die Beitragsdynamik nicht annehmen, dann genügt ein kurzer Zweizeiler an die Versicherung per E-Mail, Post und mittlerweile sogar teilweise auch im eigenen Kundenportal. Dieser Widerspruch kann ganz formlos gehalten werden mit:
“Hiermit möchte ich für dieses Jahr der Beitragsdynamik widersprechen, ich bitte um kurze Bestätigung”.
Es sei aber noch kurz angemerkt, dass man nicht bei allen Versicherern unbegrenzt die Dynamik widerrufen kann in seiner Berufsunfähigkeitsversicherung. Bei manchen Versicherer kann man zweimal in Folge ablehnen, das dritte Mal muss eine Annahme erfolgen. Die Versicherer mit dieser recht starren Begrenzung werden aber weniger. Wir geben Dir aber trotzdem eine aktuelle Übersichtsliste über den (fast) gesamten Markt. Da die Tabelle dynamisch eingepflegt wurde, dürfte diese immer aktuell sein.
Gesellschaft | Begrenzung Dynamikwiderspruch | Dynamik endet mit.... |
---|---|---|
Advigon | zweimal in Folge | Individuelle (niedrige) Obergrenze |
Allianz | unbegrenzt | 55 Jahre |
Alte Leipziger | unbegrenzt | 5 Jahre vor Vertragsende |
AXA | unbegrenzt | 58 Jahren oder 5.000 Euro |
Baloise | unbegrenzt | 5 Jahre vor Vertragsende |
Barmenia | zweimal in Folge | 61 Jahre |
Bayerische | unbegrenzt | 5 Jahre vor Vertragsende |
Canada Life | unbegrenzt | 4 Jahre vor Vertragsende |
Condor | unbegrenzt | 56 Jahre oder 5.000 Euro |
Continentale | unbegrenzt | 5 Jahre vor Vertragsende oder 7.500 Euro |
CosmosDirekt | Maximal 15*möglich¹ | Nicht relevant, da bescheiden gelöst |
Debeka | zweimal in Folge | 50 Jahre |
DEVK | zweimal in Folge | 5 Jahre vor Vertragsende |
Dialog | zweimal in Folge | 5 Jahre vor Vertragsende oder 5.000 Euro |
Ergo | unbegrenzt | Bis Vertragsende |
Europa | unbegrenzt | 5 Jahre vor Vertragsende oder 7.500 Euro |
Generali | zweimal in Folge | 2 Jahre vor Vertragsende |
Gothaer | unbegrenzt | Bis Vertragsende |
Hannoversche | unbegrenzt | 60 Jahre |
Hanse Merkur | zweimal in Folge | 10 Jahre vor Vertragsende |
Helvetia | unbegrenzt | 5 Jahre vor Vertragsende² |
HDI | unbegrenzt | 60 Jahre |
HUK-Coburg | zweimal in Folge | 55 Jahre |
LVM | zweimal in Folge | 55 Jahre |
LV 1871 | unbegrenzt | Bis Vertragsende |
Münchener Verein | zweimal in Folge | 3 Jahre vor Vertragsende |
Nürnberger | unbegrenzt | 4 Jahre vor Vertragsende |
Signal Iduna | unbegrenzt | 55 Jahre |
Stuttgarter | unbegrenzt | 5 Jahre vor Vertragsende oder 10.000 Euro |
Swiss Life | unbegrenzt | 6 Jahre vor Vertragsende |
Universa | zweimal in Folge | 10 Jahre vor Vertragsende |
Volkswohl Bund | unbegrenzt | 5 Jahre vor Vertragsende |
WGV | zweimal in Folge | 55 Jahre oder 4.000 Euro |
WWK | zweimal in Folge | 65 Jahre oder 5.000 Euro |
Württembergische | unbegrenzt | 5 Jahre vor Vertragsende |
Zurich | zweimal in Folge | Bis Vertragsende |
2. Wenn die Inflation hoch bleibt, kannst Du Dich genüsslich zurücklehnen
Sollte die Inflation hoch bleiben oder auch Dein Gehalt ein bisschen stärker als eine niedrige Inflation steigen, so kannst Du einfach das tun, was viele am liebsten bei einer Versicherung machen, nämlich “nichts”. Deine wichtige Arbeitskraftabsicherung (die Existenzsicherung Deines Status) steigt jedes Jahr immer automatisch einfach an.
Du musst Dich nicht jedes Jahr darum kümmern, ob Du nun eine Erhöhungsoption in Deinem Vertrag hast (bei größeren Gehaltssprüngen ist dies aber unbedingt notwendig!), um den geringen Ausreißer nach oben abzusichern, sondern die Erhöhung erfolgt automatisch.
Kostet die Beitragsdynamik als Option eigentlich etwas?
- Nein, die Beitragsdynamik ist eine kostenfreie Option und erfordert somit keinen Zusatzbeitrag
- Bitte also nicht mit der Leistungsdynamik verwechseln, diese erhöht die BU-Rente IM Leistungsfall, nicht davor
Deine “Arbeit” mit einer höheren Beitragsdynamik ist in vielen von uns beratenden Berufen wie MINT, Ärzte, Kammerberufler oder Ingenieure bei weitem geringer & der Bedarf passt sich automatisch besser an. Und im Zweifel kommst Du wieder zu Punkt Eins und nimmst ein Jahr mal keine Beitragsdynamik an.
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3. “Aber ich habe doch für eine Erhöhung die Nachversicherungsgarantie”?
Absolut richtiges Argument. Einige unserer gut informierten Kunden sagen “Ich setze die Beitragsdynamik eher niedrig an und spiele mich dann mit möglichen Nachversicherungsgarantien, zudem habe ich auch eine Karrieregarantie bei mir im Vertrag”. Dieses Argument ist auf den ersten Blick absolut nachvollziehbar und verständlich. Man setzt sich einen Grundsockel an möglicher Erhöhung bei der Dynamik, aber größere Erhöhungen plant man dann in Zuge einer möglichen Nachversicherungsoption wie Heirat, Geburt eines Kindes, Immobilienfinanzierung oder natürlich einem Gehaltssprung. Aber das ist zu kurz gedacht. Warum? Das sagen wir Dir gleich!
Entfall der Erhöhungsoptionen, falls es schon mal Leistung aus dem Vertrag gab
Bist Du (temporär) berufsunfähig gewesen bzw. hast Du Leistungen aus Deinem Vertrag bekommen, entfällt die Erhöhungsoption bei vielen Versicherern. Sprich, Du hattest mit Ende 20 eine schwere Zeit und warst für zwölf Monate aufgrund einer Psychotherapie, eines Unfalls oder eines zufällig entdeckten Tumors mit anschließender Chemotherapie berufsunfähig, kannst dann aber glücklicherweise nach einiger Zeit wieder Deinen Beruf ausüben? Erstmal Glückwunsch zur Genesung, aber viele Versicherer streichen Dir dann das Recht an möglichen Erhöhungsoptionen, obwohl Du Dir den schönsten Karriereplan mit künftigen Erhöhungen ausgedacht hast und Du aus diesem Grund die Beitragsdynamik niedrig angesetzt hast.
Dazu nehmen wir mal einen Auszug aus den Vertragsbedingungen der Swiss Life:
Man darf also weder berufsunfähig noch arbeitsunfähig (sprich, man hat die Arbeitsunfähigkeitsklausel in Anspruch genommen) gewesen sein, sonst entfällt die wichtige Nachversicherungsgarantie.
Ein Zwischending macht wiederum die LV 1871 (welche übrigens in unseren Augen die wahrscheinlich beste Beitragsdynamik am Markt besitzt - wobei es aber in manchen Konstellationen leider nur drei Prozent gib). Hier darf man noch nicht berufsunfähig gewesen sein, aber schon Leistungen aus der AU-Klausel entnommen haben.
Besser gelöst als bei der Swiss Life, aber noch nicht gut. Richtig gut haben es nur sehr wenige Versicherer gelöst wie z.B. die Alte Leipziger. Bei dieser entfallen jetzt nicht die Erhöhungsoptionen nach einem Leistungsfall. Sehr kundenfreundlich und immer noch eher selten am Markt (auf der anderen Seite hat die Alte Leipziger Stand Oktober 2024 aber auch nicht sooooo die guten Erhöhungsmöglichkeiten).
- Mehr dazu findest Du auch in unserem separaten Blogartikel unter “Bei welchem BU-Versicherer erlischt im Leistungsfall die Nachversicherung (nicht)?”.
Dieser Punkt ist für viele Interessenten jetzt eigentlich der unbekannteste, warum die Beitragsdynamik so hoch wie möglich angesetzt werden sollte.
4. Du wirst schwer krank & bekommst eine schlimme Diagnose?
Dann wirst Du sicherlich einen Teufel tun und die Beitragsdynamik ablehnen. Nehmen wir an, Du bekommst die Diagnose Multiple Sklerose. Auch wenn Du Dich jetzt noch gesund fühlst - in einigen Jahren oder Jahrzehnten wird die Krankheit stärker ausbrechen und einen “Schub” bei Dir veranlassen. Es ist sehr, sehr wahrscheinlich, dass Du Deinen Beruf nicht mehr ausüben kannst. Was wirst Du vorher machen? Ja, jede Beitragsdynamik unbedingt annehmen, da sich der Leistungsfall früher oder später schon abzeichnet. Du wirst jede Option der Erhöhung in Anspruch nehmen und jede Beitragsdynamik in der Berufsunfähigkeitsversicherung. Was ist Dir dann lieber? Drei oder fünf Prozent? Die Antwort dürfte klar sein.
Niemand, wirklich niemand ist vor einer schlimmen Diagnose & Erkrankung geschützt
Aber wir alle können vorsorgen, dass zumindest die finanzielle Seite so gut wie möglich abgesichert ist. Dazu gehört eine ausreichende BU-Rentenhöhe, idealerweise eine Leistungsdynamik / garantierte Rentensteigerung, das passende Endalter und in unseren Augen auch eine möglichst hohe Beitragsdynamik. Selbst, wenn Du gesund wirst und die obigen Argumente von Punkt eins bis drei missachtest - bei einer schwerwiegenden Diagnose, welche eine spätere Berufsunfähigkeit wahrscheinlich macht, wirst Du extrem froh sein, eine möglichst hohe BU-Rente versichert zu haben und das kann mit einer maximalen Beitragsdynamik passieren.
Verstehst Du nun ein bisschen, warum wir beim Wunsch “Hach, mir genügt eine Beitragsdynamik von drei Prozent” ein bisschen allergisch reagieren, insbesondere bei sehr jungen Personen, welche so gut wie ihr gesamtes Berufsleben noch vor sich haben? Es ist wirklich in Deinem Sinne und lass diese Argumente einfach mal auf Dich einwirken. Die Versicherer, welche diesen Blogartikel lesen, werden über diese Zeilen sicherlich nicht so erfreut sein, da dies negativ für ihr gesamtes Kollektiv sein könnte, aber hey - letztendlich sind wir Sachwalter des Kunden, auch wenn wir mit vielen Versicherern wirklich auf Augenhöhe agieren.
PS: Unser Softwareentwickler hat sich übrigens nun umentschieden und folgendes geantwortet:
“Beim Punkt Beitragsdynamik haben Sie mich überzeugt! Dann aktualisiere ich meinen Wunsch auf 5 % Beitragsdynamik (das ist die Grenze, soweit ich weiß).”