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"Wirtshausschmatz / Stammtischparolen" zur Berufsunfähigkeitsversicherung

| Berufsunfähigkeit

In der täglichen Beratung zur Berufsunfähigkeitsversicherung erleben wir oftmals Ereignisse, bei denen wir zwischen „Kopfschütteln“ und „Schmunzeln“ schwanken. Es ist ja nicht dramatisch, wenn man sich als Verbraucher nicht täglich mit der Arbeitskraftabsicherung beschäftigt, aber man sollte trotzdem vielleicht seinen Berater aus Eigeninteresse hinterfragen bzw. den berühmt-berüchtigten gesunden Menschenverstand walten lassen.

Stammtischparolen Berufsunfähigkeitsversicherung

So einen Fall erlebten wir vor kurzem wieder bei einem regionalen Kunden, welchen wir zum Vermögensaufbau beraten haben. Es folgte der Hinweis, dass sein Sohn seit kurzem berufstätig sei und somit eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen möchte. Soweit alles gut und vernünftig. Wir haben also per Mail unsere übliche Vorgehensweise zur BU geschickt, da die Aufbereitung der Gesundheitshistorie der erste Schritt in unseren Augen ist. Ab dann hatten wir aber schlechte Karten, denn ein zweifacher „Wirtshausschmatz“ (was auf Hochdeutsch als „Stammtischparolen“ übersetzt werden kann) kam nun zur Geltung, welchen wir kurz vorstellen möchten.

1. „Mein Berater beantwortet meine Gesundheitsfragen, da muss ich nichts einholen!“

Wie aufmerksame Leser es sicherlich wissen, fordern wir viel Fleißarbeit zur Berufsunfähigkeitsversicherung als auch zur privaten Krankenversicherung ab. Das fängt an mit dem Ausfüllen von unserem Risikovoranfrageformular, unserem Gesundheitsdaten Beiblatt nebst Eigenerklärungen, Beschreibung gefährlicher Hobbys oder auch die Einholung der Patientenakte. Die Königsdisziplin wäre anschließend eine ärztliche Stellungnahme von dem behandelnden Arzt einzuholen (kommt i. d. R. pro Vorgang ein bis dreimal vor). Hört sich nach viel Arbeit an und ist es auch.

Wie schön wäre es dann, wenn nicht doch der Versicherungsvermittler die Antragsfragen beantwortet? Da hat man keinen Stress und kann sich den schönen Sachen des Lebens widmen.

Wie läuft aber die Beantwortung der Gesundheitsfragen durch den Vermittler oftmals ab?

Es gibt leider genügend Pappenheimer am Markt, die folgendermaßen vorgehen:

“Bist Du derzeit Gesund oder fühlst Du Dich krank?”

Es folgt (teilweise natürlich endlos naiv) die Antwort mit:

“Ja, ich bin schon gesund”.

Das erleben wir leider recht häufig. Man glaubt seinem Berater und schläft anschließend vermeintlich ruhig. Aber man vergisst leider, dass die Gesundheitsfragen in der Berufsunfähigkeitsversicherung viel umfangreicher sind, wie wir jetzt einfach am Beispiel der LV 1871 BUsehen (Auszug daraus):

Es werden praktisch alle Arztbesuche aus den letzten fünf Jahre abgefragt – diese müssen somit auch angegeben werden. Nicht wir als Berater oder der Interessent entscheidet, ob dies unbedeutend ist, sondern einzig und allein der Versicherer.
Was ist denn die Folge, wenn ich die Gesundheitshistorie nicht sauber angegeben habe und der Berater einfach alle Gesundheitsfragen mit Nein beantworte im Antrag? Nachtigall, ich hör Dich trapsen, mit einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung. Diese kann zur Folge haben, dass die Versicherung im Leistungsfall zurücktritt. Denn die Gesellschaft prüft Deine gesundheitlichen Angaben VOR einem Antrag nicht (Ausnahmen sind teilweise bei hohen BU Renten, dann erfolgt eine ärztliche Untersuchung). Der Versicherer vertraut darauf, dass Du sauber und ordentliche Angaben machst. DU! Nicht der Berater. Du unterschreibst den Antrag.
Je nach Schwere des Vergehens kann eine Anfechtung / Rücktritt erfolgen. Du zahlst also Monat für Monat mit gutem Gewissen ein, dass Du eine umfangreiche Absicherung besitzt, aber im Leistungsfall kommt das böse Erwachen. Der Versicherer besorgt sich nun die Krankenakten / Behandlungsberichte und vergleicht diese mit Deinen Angaben im Antrag. Es spielt hierbei keine Rolle, ob Du Dich zum Zeitpunkt der Unterschrift gesund gefühlt hast. 

Warum beantworten Berater / Versicherungsvermittler die Gesundheitsfragen für Ihre Kunden?

Ohne Moos, nichts los. Viele Vermittler scheuen die umfangreiche Beantwortung der Gesundheitsfragen, denn dann könnte ja kein Vertrag folgen. Oder man ist einfach auch nicht qualifiziert genug, um das Thema sauber anzugehen. Es könnte aber auch folgender Gedankengang aufkommen: „Wenn ich den Interessenten jetzt sage, dass wir das und jenes benötigen, dann schrecken wir diesen ab und dieser verliert die Lust auf die Berufsunfähigkeitsversicherung“. 

Wir selber beantworten niemals die Gesundheitsfragen für unsere Kunden!

Unsere Vorgehensweise ist bekanntlich anders. Wir würden und könnten niemals die Gesundheitsfragen und weitere Aspekte ausfüllen. Wir stecken doch nicht in Deiner Haut. Ebenso ist es bei der späteren Antragstellung, nach hoffentlich vorab gemachter erfolgreicher anonymer Risikovoranfrage zur BU, der Fall. Wir hinterlegen den Antrag in unserem Kundenportal simplrohne vorausgefüllte Gesundheitsfragen. Wir fordern unsere Interessenten somit nochmals eindeutig auf, diese sauber durchzulesen, anzukreuzen und bei einer Ja-Antwort die Eingaben in unserem Gesundheitsdaten-Beiblatt zu benennen bzw. als Freitext zu ergänzen.
Es ist Dein Vertrag zur Berufsunfähigkeitsversicherung, es ist Deine Absicherung. Wir sind nur Dein Sparringspartner, welcher den Weg begleitet und wir gemeinsam die Stolpersteine aus dem Weg räumen.
Hat jemand keine Lust, seine Gesundheitshistorie nicht sauber aufzubereiten, dann brechen wir die Beratung ab. Es ergibt keinen Sinn, einen Dackel zur Jagd tragen zu müssen. Wir sind ja nicht bei den Zeugen Jehovas, damit wir jemanden überzeugen müssen über die Wichtigkeit. Der Eigenantrieb muss schon von unseren Interessenten selber kommen.


2. „Bei meinem Berater bekomme ich wenigstens Geld zurück, wenn ich nicht berufsunfähig werde“

Der zweite „Wirtshausschmatz“ in diesem Kontext. Wir wurden damit konfrontiert, dass man bei unseren Ausführungen kein Geld von der Versicherung zurückbekommt, falls man nicht berufsunfähig wird. Das ist in dem Kontext erst einmal absolut richtig. Unsere Empfehlung ist in der Regel (!) eine selbstständige Berufsunfähigkeitsversicherung in der sogenannten Schicht 3.
Recht einfach ausgedrückt fragen wir unseren Interessenten dann auch immer mit „Bekommst Du bei der KFZ- oder der Wohngebäudeversicherung Geld zurück, wenn kein Schaden eintritt?“ Das können viele dann schon nachvollziehen. 

Geld zurück bekommen ist kein Hexenwerk in der Berufsunfähigkeitsversicherung

Versicherer sind keine Wohlfahrtsverbände. Es ist nicht so, dass sie etwas zu verschenken haben. Gute regulieren sehr sauber nach ihren Vertragsbedingungen (deshalb sind diese auch so wichtig), schlechte suchen immer Ausreden, nicht leisten zu wollen (um es überspitzt auszudrücken). Aber es gibt nicht den Fall, wo Versicherer freiwillig am Ende Geld zahlen, wenn Du nicht berufsunfähig geworden bist.

Man kann dies aber vorher vereinbaren, dass Du zum Laufzeitende Geld zurückbekommst. Psychologisch ist das vielleicht sogar recht gut. Man zahlt dann nicht einen erheblichen Beitrag „umsonst“ ein. Die Frage kommt sogar (vor allem von regionalen Kunden recht häufig) „Bekomme ich eigentlich Geld zurück, wenn ich nicht berufsunfähig werde“? Man trifft als Berater somit einen gewissen Nerv. Du als aufgeklärter Verbraucher solltest aber durchaus wissen, dass es immer zwei Seiten der Medaille gibt.

Alles, was Du später zurückbekommst, hast Du vorher in irgendeiner Art und Weise mehr bezahlt

Es gibt quasi drei Klassiker, wo man später „Geld zurückbekommt“ aus der Berufsunfähigkeitsversicherung

  • Statt dem Nettobeitrag wird der Bruttobeitrag in der Berufsunfähigkeitsversicherung entrichtet
  • Kopplung mit einer Rentenversicherung in der sogenannten Schicht drei
  • Basisrente (Schicht 1) mit einer BU-Absicherung – ein gern empfohlenes Produkt von Strukturvertrieben

Wichtig ist erstmals, dass Du gedanklich folgst, mit „Was ich später herausbekomme, musste ich vorher in irgendeiner Art und Weise einzahlen“. Versicherer sind somit keine Samariter. In Hochrechnungen sieht der Wert sogar recht gut aus, welchen Du mal rausbekommst. Gerechnet wird mit sechs bis neun Prozent Wertentwicklung, was durch Aktienfonds / ETFs durchaus im Bereich des Möglichen wäre. Bei teuren Versicherern schlagen aber noch diverse Kosten zu, dies sollte beachtet werden. Aber auch da gibt’s wiederum gute und wiederum nicht so gute.

Viel Charme und weniger Charme bei „Geld zurückbekommen“

Was durchaus seinen Charme hat: Den Bruttobeitrag zu entrichten in der Berufsunfähigkeitsversicherung. Die Differenz zwischen dem sogenannten Zahlbeitrag sowie dem maximalen Beitrag wird in der Zwischenzeit angelegt. Der Charme des ganzen = die Auszahlung erfolgt steuerfrei, da dies aus sogenannten Risikogewinnen erfolgt. Kann man machen. Bieten nicht mehr alle Versicherer an, hat aber durchaus seinen Reiz. 

Eher weniger Charme hat für uns die Kopplung mit einer separaten Rentenversicherung oder gar in Schicht 1 mit einer Basisrente. Dazu haben wir auch einen sehr umfangreichen Artikel geschrieben, mit „Kombination Berufsunfähigkeit mit Altersvorsorge sinnvoll?!“. Wir merken, dass die Lebensrealität einfach oftmals gegen diese Konstrukte stehen. Sei es mal eine Auslandstätigkeit, Teilzeit, knapper finanzieller Spielraum (z. B. bei einer Immobilienfinanzierung / Gründung einer Familie). In der Basisrente muss nämlich der Altersvorsorgebeitrag mindestens 51 Prozent sein. Das gilt auch nach jeder angenommenen Beitragsdynamik. Es steigt zwar automatisch natürlich Dein Schutz an, aber auch der Beitrag für die Altersvorsorge.
Es gibt wenige Ausnahmen, wo wir es aber trotzdem empfehlen – immerhin bietet die HDI stark vereinfachte Gesundheitsfragen für alle (!) Berufsgruppen an, wenn diese zusammen mit einer Altersvorsorge abgeschlossen werden. Dann sollte man sich aber auch den Nachteilen bewusst sein. Ist eher etwas für Menschen, die schon mitten im Leben stehen, vielleicht nicht unbedingt ins Ausland gehen, gut situiert sind… Hier gibt es dann auch nicht den unbedingten Wunsch nach „Ich möchte unbedingt später Geld herausbekommen“ (was bei der Basisrente eh nicht der Fall wäre - es muss eine lebenslange Rente bezahlt werden), sondern eher mit „Ich möchte vereinfachte Gesundheitsfragen bekommen und ggf. auch Steuern sparen“. Also ein völlig anderer Antrieb.

Was wir damit sagen möchten, es ist kein Hexenwerk des Beraters, dass genau „seine“ Berufsunfähigkeitsversicherung Geld an den Versicherten ausbezahlt. Diese Möglichkeit bieten mehr oder minder alle Gesellschaften an. Ob es aber jeweils immer Sinn ergibt, sollte haargenau geprüft werden, dafür gibt es keine pauschalen Antworten, wobei aber gefühlt 98 Prozent unserer Interessenten sich für eine eigenständige Berufsunfähigkeitsversicherung entscheiden. 

Fazit zu den Stammtischparolen zur Berufsunfähigkeitsversicherung

Besonders die Thematik mit der unzureichenden Aufbereitung der Gesundheitsfragen respektive der Ernsthaftigkeit zieht sich wie ein roter Faden durch all unsere Jahre der Marktbeobachtung. Bei Kopplung mit einer Altersvorsorge hängen keine Existenzen dran, im Zweifel hat man einfach schlecht und teuer angelegt, aber beim falschen Beantworten von Gesundheitsfragen im Antrag kann die Existenz dran hängen. Das ist besorgniserregend. Es spielen aber hier immer zwei Faktoren zusammen. Zum einen ein Versicherungsvermittler, welcher den schlechten Ruf der Branche noch verstärkt und sich am liebsten verabschieden soll aus dem Bereich, zum anderen aber auch ein Verbraucher, der mehr Zeit in den Kauf seines neuesten Smartphones investiert, als in die grobe (!) Befassung mit den Grundzügen der Berufsunfähigkeitsversicherung und insbesondere der Wichtigkeit bzgl. der Antragsfragen. 

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