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Die wohl schlechteste Wohngebäudeabsicherung der Welt ;-) *

| Versicherungen

Also ab und zu sehen wir Sachen, wo wir uns denken: „Das gibt es doch nicht, wie kann das denn sein?“ So einen Vertrag eines Kunden in der Wohngebäudeversicherung haben wir jetzt vor wenigen Tagen wiedergesehen. Unser Kunde hat sich nämlich ein Haus gekauft und somit geht die Wohngebäudeabsicherung direkt auf ihn über. Er fragte uns, ob diese in Ordnung ist. Ähhh….Nach Durchsicht der Unterlagen kommen wir zu einem klaren Ergebnis.

Wohngebäudeversicherung Mangelhafte Absicherung

Die eigenen vier Wände dürften für die meisten unter uns die größte Investition im Leben sein. Klar, man kauft vielleicht mal ein Auto für mehrere zehntausend Euro, fährt in den Urlaub, gönnt sich mal was Schönes, aber an den oftmals nicht geringen, sechsstelligen Betrag kommt dies nicht heran. Was teuer ist, muss gut gepflegt und vor allem ordentlich versichert werden. Dafür sollte dann eine Versicherung auch da sein, falls es mal nicht so läuft, wie es sein sollte. Nur die wenigstens von Euch (uns eingeschlossen), können „Mir Nichts, Dir Nichts“ 200.000, 300.000 oder gar 400.000 Euro ersetzen. Deshalb ist eine umfangreiche Wohngebäudeversicherung Pflicht. Immerhin schützt diese gegen Feuer (die Bude brennt ab), Leitungswasser (das Häuschen steht unter Wasser), Sturm/Hagel (plötzlich ist kein Dach mehr vorhanden), Elementar (Eure vier Wände rutschen ab oder werden von außen geflutet) oder bekannte oder unbekannte Gefahren (je nach Versicherungsschutz). Soweit bist Du mit uns hoffentlich einig, dass diese Absicherung enorm wichtig ist, immerhin sichert dies die Existenz ab!

Ein Palast ist wie ein Beduinenzelt versichert….

Damit es die gewünschte Absicherungssumme gibt, muss man der Versicherungsgesellschaft natürlich einige Informationen mitteilen. Das kleine Gartenhäuschen muss man nicht wie eine Villa versichern, eine Villa sollte man nicht wie ein kleines Gartenhäuschen versichern. Wobei…, wenn wir uns den gerade vorliegenden Fall so ansehen, passiert dies seit etlichen Jahren.
Die Versicherungsgesellschaft ist die in Bayern allseits bekannte „Versicherungskammer Bayern“. Hier gibt es zwei Policen. Sturm & Hagel und Leitungswasser ist in einer Police zusammengefasst, die Feuerversicherung läuft extra. Extra komisch, aber es ist eben so und kein größerer Grund zum Meckern. Eher schon deshalb, weil die enorm wichtige Absicherung gegen Elementarschäden fehlt. Ok, das wird vielleicht so gewünscht, reiten wir nicht länger darauf rum.
Schauen wir uns aber die beiden einzelnen Policen mit dem Absicherungswert genauer an:

Absicherung Wohngebäude gegen Leitungswasser & Sturm/Hagel

Absicherung gegen Feuer

Der vermeintliche Laie zuckt nun mit der Schulter, vielleicht kommt ihm der Preis etwas niedrig vor. Aber sonst…Der (hoffentlich) geneigte Versicherungskenner geht jetzt zum Lachen in den Keller und schaut nochmal die Versicherungssumme genauer an. 9.000 Mark (!!!). Ja, es hat wirklich mit der allseits bekannten alten Mark zu tun, darauf kommen wir jetzt kurz in einem Exkurs zurück.

Bei der Ermittlung des Wohngebäudewertes für die Gebäudeversicherung hat man sich auf ein Fixjahr – nämlich 1914 – geeinigt, von dem aus über den vom Statistischen Bundesamt ermittelten sogenannten Baupreisindex für jedes einzelne Jahr der entsprechende Wert des Gebäudes berechnet werden kann. Der Baupreisindex ist der wichtigste Indikator für die gestiegene Preis- und Wertentwicklung. Er ist die Grundlage zur Ermittlung des Gebäudeneubauwertes und auch der Prämienhöhe. Eine solche jährliche Anpassung an die Kosten ist sehr wichtig, denn schließlich hatte ein Haus zum Beispiel im Jahr 1960 einen anderen (niedrigeren) Neubauwert, als im Jahr 2010. Um richtig versichert zu sein, hilft es nicht, im Schadensfall den Wert erstattet zu bekommen, den das Haus im Jahr 1960 hatte, man braucht das Geld für Reparatur, Wiederinstandsetzung oder Neubau jetzt, im Jahr 2017, also ohne Zweifel wesentlich mehr!!!

Für 2017 gibt es die Faustformel, dass man es mit dem Faktor 17,39 multiplizieren kann. Das ist in diesem Fall also eine Absicherung von ca. 122.000 Euro; bei einem Wohnhaus mit knapp 200 qm an Wohnfläche. Zudem sind wir in unserer Region auch gerade nicht in der schlechtesten Lage. Was würde es wohl kosten, wenn das Einfamilienhaus nochmals komplett aufgebaut werden müsste mit einer Wohnfläche von um die 200 qm? Kennt Ihr die heutigen Baupreise? Das wird knapp…solange man nicht zu unmenschlichen Bedingungen Gastarbeiter aus Indien, Bangladesch oder Afrika (so wie in den Scheich Staaten geschehen) arbeiten lässt…! Aber auch dann würde die Summe wohl nicht annähernd für Baumaterial ausreichen…!

Unser Kunde hat uns vor dem Zusenden der Unterlagen schon grobe Daten genannt. Wohnfläche 198 qm, zwei Garagen (nicht mit dem Wohnhaus verbunden), normale Bebauung, Keller. Somit erst einmal ganz, ganz grob in unseren Vergleichsrechnern berechnet und sich einen ungefähren Wert geben lassen. Dieser liegt bei ca. 32.000 Mark. Merkt Ihr etwas? Die Differenz zwischen 9.000 Mark und ca. 32.000 Mark ist durchaus vorhanden. Faktor 3,5. Zuckt Ihr jetzt mit der Schulter? Ja, kann sein. Kleines Beispiel:

Du hast einen Leitungswasserschaden im höheren Bereich. Nehmen wir an, es sind 30.000 Euro. Der Gutachter kommt, nimmt den Schaden auf und macht auch Beobachtungen zum Gebäude. Die Versicherung stellt fest, dass Dein Wohnhaus zu 75 % unterversichert ist. Rechne bitte aus, wie viel von den 30.000 Euro dann noch übernommen wird? Da erhältst Du üppige 7.500 Euro. Treiben wir das Spiel weiter und Deine Immobilie brennt komplett ab. Selbes Spiel…dann wird blöd aus der Wäsche geguckt, wenn die Bank noch mehrere hunderttausend Euro von Dir möchte, Du aber außer Schutt und Asche nichts mehr vorzuweisen hast.

Darum unser Appell: Achte bitte auf die genauen Angaben zu Deiner Wohngebäudeversicherung (das gilt natürlich für jede andere Versicherung ebenfalls). Unterversicherung ist kein Spaß, sondern kann purer Ernst werden und Deine Existenz gefährden.

Ach ja – auch wenn die Versicherungssumme passt, kann man falsch versichert sein….

Die Bedingungen sind aus dem Jahre 1988. Da gab es noch die DDR und den Eisernen Vorhang ;-). Sollen wir mal aufzählen, was alles NICHT versichert ist? Nehmen wir einfach das Beispiel der groben Fahrlässigkeit:

  • Es ist Winter, die „stade“ Zeit. Du zündest daheim eine Kerze an, musst kurz aus dem Haus. Aus einem nicht geklärten Grund fällt die Kerze um und es kommt, wie es kommen musste. Deine Immobilie brennt ab. Du hast grob fahrlässig gehandelt und es gibt keine Leistung.
  • Du vergisst die Wasserstopp Funktion bei der Waschmaschine auszuschalten und gehst Deines Weges. Kann passieren, sollte aber nicht. Die Versicherung kann die Leistung erheblich kürzen.
  • Dein Kind spielt mit dem Feuerzug und fackelt die Bude unfreiwillig ab. Die Privathaftpflicht greift hier nicht, es ist ja Dein Haus. Klarer Fall für eine Spendenaktion im Fernsehen oder Radio, neuerdings vielleicht sogar Crowdfunding. 

Aber selbst neue Policen haben diese Punkte nicht vollumgänglich versichert, auch hier trennt sich die Spreu vom Weizen.

Schauen wir uns kurz einfach den Leistungsvergleich an zwischen der Interrisk Wohngebäudeversicherung und der Versicherungskammer Bayern aus dem Jahre 1988:

Quelle: F&B Vertragscheck Wohngebäudevergleich, eigene Lizenz

76 % erfüllte Leistungen vs. 23 %. Wenigstens muss sich der obige Versicherungsnehmer um die geringe Absicherungssumme wenig Gedanken machen. Spötter behaupten, dass eh so gut wie nichts versichert ist ;).

Einziger Nachteil für den überraschten Versicherungsnehmer: Der Beitrag mit ca. 150 Euro jährlich ist so natürlich nicht mehr haltbar. Eine vernünftige Absicherung des größten Investments in seinem Leben bewegt sich eher bei 500-700 Euro p.a., mit Selbstbeteiligung aber durchaus erheblich weniger. Vergleiche das aber einfach mal bitte mit Deinem Pkw, der vielleicht noch 4.000 Euro wert ist, der aber noch Vollkasko versichert ist für 500 Euro ;). Irgendwas stimmt also in der Relation nicht ;). Ob dem Kunden das schmeckt, wissen wir nicht. Aber unsere Pflicht haben wir erfüllt, indem wir EINDEUTIGE Leistungslücken aufgezeigt haben. Jetzt schauen wir mal, ob der gesunde Menschenverstand Einzug hält.
Ach ja, natürlich ist es auch keine Meisterleistung der betreuenden Agentur, wenn man über Jahrzehnte einen Vertrag im Kundenbestand hat, der quasi viel zu niedrig versichert ist.

*Anmerkung von der Überschrift: Selbstverständlich ist eine schlechte Wohngebäudeversicherung noch besser als gar keine. Wobei…da tut sich fast schon kein Unterschied mehr auf….

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