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Beitragserhöhung oder Reduzierung der Absicherung - Gothaer Schwere Krankheitenversicherung

| Versicherungen

Bei einem übernommenen Vertrag in unseren Bestand haben wir die interessante Entdeckung bei der Schweren Krankheitenversicherung bei der Gothaer gemacht, dass das vorhandene Guthaben für die gewünschte Absicherung nicht mehr genügt. Das kommt praktisch einer Beitragserhöhung gleich, wenngleich der Fachbegriff dafür nicht stimmen dürfte - aber beim Verbraucher wird dies so aufgenommen.

Beitragserhöhung Gothaer Schwere Krankheiten Versicherung

Jetzt holen wir aber erst einmal etwas größer aus. In der Berufsunfähigkeitsversicherung (hierbei aber nur sehr wenige Anbieter) wie auch in der Schweren Krankheitenversicherung / Dread Disease gibt es verschiedene Modelle der Beitragsermittlung. Üblich ist die Thematik der Netto- vs. Bruttoberechnung. Der Versicherer erwirtschaftet Überschüsse und gibt diese dann weiter. Aber auch diese können reduziert werden, was dann praktisch eine Beitragserhöhung darstellt. Die Hauptantriebsfeder bei diesen Erhöhungen sind aber eher eine Fehlkalkulation im Geschäft (mehr Leistungsfälle als geplant, zu günstige Prämien) und weniger (wenngleich dies schon einen kleinen Einfluss besitzt) die Anlageergebnisse des Versicherer. Die Gothaer ging mit ihrer Schweren Krankheitenversicherung namens Perikon aber einen anderen Weg.

Gothaer Perikon - die Beiträge sind vom Anlageergebnis abhängig

Bei der Gothaer Perikon spielt der “Fondsmotor” die Hauptrolle. Die Gothaer beschreibt es in ihrem Infoflyer selber mit:

“Der Fondsmotor sorgt für niedrige Beiträge. 

Ein Teil der Beiträge wird in erstklassigen Fonds renommierter Kapitalverwaltungsgesellschaften angelegt. Ihre Kund*innen profitieren durch die fondsgebundene Beitragskalkulation von günstigen Beiträgen

Die Fondsentwicklung wirkt sich positiv aus: Die Risiko- und Verwaltungskosten für den Vertrag werden während der gesamten Vertragslaufzeit aus dem Fondsvermögen finanziert. Dabei ist die Beitragshöhe für die ersten fünf Jahre garantiert – unabhängig von der Fondsentwicklung. An der Wertentwicklung der Fonds wird der Vertrag in vollem Umfang beteiligt. Bei entsprechender Wertentwicklung der Fonds haben Ihr*e Kund*innen die Chance auf ein Fondsguthaben.”

Das ganze klingt ja sehr positiv, kann sich aber auch nach hinten auswirken. Die Modellgraphik sieht hier sehr positiv aus

Was ist aber, wenn das Funktionsschema des Fondsmotors nicht genügt? z.B. durch fallende Börsen wie in den letzten zwölf Monaten oder auch einer nicht optimalen Fondsauswahl?

Reduzierung der Leistung oder Erhöhung der Beiträge - such es Dir aus!

Grundsätzlich halten wir von so einer Kalkulation sehr wenig im Bereich der biometrischen Absicherung. In diesem Fall haben wir den Vertrag aber von einem Neukunden vor kurzem in unseren Bestand übernommen (Stichwort Bestandsübertragung auf uns). Unser 1981 geborener Kunde schloss den Vertrag im Jahr 2007 ab, sodass auch die Thematik der vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung nicht mehr präsent war. Aufgrund verschiedener Vorerkrankungen kann keine weitere, umfangreiche Absicherung erfolgen und so wurde der Vertrag behalten. Die Versicherungsbedingungen waren zum damaligen Zeitpunkt ok bei der Gothaer. 

Abgesichert waren 2007 62.950 Euro im Falle einer schweren Erkrankung. Über all die Jahre blieb die Versicherungssumme wie auch der monatlich zu zahlende Beitrag gleich mit 33,56 Euro. Im Oktober 2022 kam nun folgendes schreiben:

Dies hat nun zur Folge, dass unser Kunde vor folgende Entscheidung gestellt wird:

Jetzt mal Tacheles:

  1. Um dieselbe Versicherungssumme beizubehalten, steigt der monatliche Beitrag von ca. 33,56 auf 39,59 Euro, was praktisch eine Beitragserhöhung von knapp 18 Prozent darstellt. 
  2. Alternativ kann der versicherte Gothaer Kunde eine Einmalzahlung von 739,37 Euro leisten, um das Defizit des Fondsmotor auszugleichen. 
  3. Als dritte Möglichkeit kann aber auch die Versicherungssumme gesenkt werden - von derzeit 62.950 Euro auf dann 56.250 Euro. 

Zumindest kann man sagen, dass der Kunde jetzt viele Auswahlmöglichkeiten besitzt.

Biometrische Risiken sollten in unseren Augen somit klassisch kalkuliert werden

Du wirst sicherlich mitbekommen haben, dass wir sehr große Freunde von der Anlage in Aktien und Co. sind, am besten über ein wissenschaftliches Weltportfolio. Am langfristigen Kapitalaufbau führt hier kein Weg vorbei. Wir sind aber eher weniger begeistert, wenn die Absicherung Biometrischer Risiken wie z.B. bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung, Grundfähigkeitsversicherung oder Risikolebensversicherung mit hilfe eines Fondsmotor vonstatten geht. Es wird immer wieder länger anhaltende schwache Börsenjahre geben. Da ist es ein schlechter Ratgeber, wenn plötzlich Deine Absicherung sinkt, die Beiträge erhöht werden oder Du wahlweise nachschießen musst. In Zeiten, wo die finanziellen Möglichkeiten von Dir vielleicht eh eng sind (Inflation, neuer Job, Familie, Immobilienfinanzierung). Bei einem normalen Sparplan kannst Du diesen einfach mal aussetzen, wenn Du den Gürtel enger schnallen musst. Bei der Absicherung von gesundheitlichen Risiken ist ein Abspecken aber ganz und gar nicht sinnvoll.
Es werden wieder sehr schwache Börsenzeiten kommen und wenn Du dann plötzlich nur die Hälfte der vorhandenen Absicherung besitzt (oder die Beiträge dementsprechend stark steigen müssten), stehst Du vor einem Problem. Deshalb empfehlen wir auch in der normalen Berufsunfähigkeitsversicherung die klassische, wenngleich oft langweilige Form der Überschussverwendung (wenngleich nichts dagegen spricht, die Überschüsse freiwillig in Investmentfonds anzulegen - das ist wiederum ein anderes, auch steuerlich sehr interessantes Thema).

Für uns spielen daher Anbieter wie die Helvetia, Canada Life oder teilweise auch die Gothaer (wenngleich diese insbesondere in der Berufsunfähigkeitsversicherung auch eine klassische Kalkulation anbietet, keine Rolle in unserer Beratung zur BU. Die Kalkulation in der Schweren Krankheitenversicherung soll ein Mahnmal genug sein. 

Die Risiken waren schon bekannt und wurden geäußert.

Der bekannte Kritiker der Versicherungsbranche, Thorulf Müller, hat auf die Risiken schon vor fast 10 Jahren im Portal Pfefferminzia hingewiesen im Artikel “BU Invest der Gothaer”. 

Wir zitieren mal einen Auszug:

Und das wurde doch auch gesagt: “Extrem niedrige Beiträge dank innovativem Fondsmotor”. Was ist der Fondsmotor? Eigentlich nichts anderes als die Hoffnung, dass man an den Kapitalmärkten rund 7 Prozent Wertentwicklung (wohlbemerkt nach den Kosten des Fonds) erwirtschaften kann und wird.

……

Das Risiko ist also auf den Kunden verlagert. Reicht das Fondsvermögen zum Ende des Vertrages nicht aus, den Vertrag aufrechtzuerhalten, dann muss der Kunde nachschießen. Kann er das nicht, erlischt der Vertrag. Erkrankt der Kunde genau in diesem Zeitraum, dann hat er halt Pech gehabt. Gut, ich gebe zu, dass das bei der echten BU nach Art der Schadenversicherung ohne diesen “Fondsmotor” auch passieren könnte, also dass er die gestiegen Beiträge nicht mehr bezahlen kann. Das kann sogar bei einem klassischen Produkt passieren. Aber bei einer echten BU nach Art der Schadenversicherung waren die steigenden Kosten von Anfang an transparent.

Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich bin ein großer Freund einer Kalkulation nach Art der Schadenversicherung. Ich habe aber ein Problem damit, wenn man die Nachteile des einen Produkts unter Ausschluss aller Vorteile mit den Nachteilen eines anderen Produkts verknüpft und das Ganze dann noch reißerisch als BU-Versicherung mit der Überschrift: “Beitragsverrechnung war gestern, die Zukunft heißt “Gothaer BU Invest”” anpreist!

Das Produkt Perikon der Gothaer und die Schwere-Krankheiten-Vorsorge der Canada Life funktionieren auch nach diesem Prinzip. Ebenfalls gibt es bereits die Gothaer Pflege-Rente-Invest, die in der Pflegegeldversicherung solche Modelle zu etablieren versucht.

Ich kann nur dringend davor warnen, solche Produkte zu nutzen. Das können Versicherungsvertreter verkaufen. Ein Versicherungsmakler kann das aber kaum als begründeten Ratschlag in einer Dokumentation aufführen.”

Diese Risiken muss nun unser Neukunde spüren.

Nachtrag Mitte 2023:

In Ihrem umfangreichen Update hat die Gothaer in der Berufsunfähigkeitsversicherung etwas dazugelernt und die anvisierte Rendite von ca. sieben auf nun fünf Prozent gesenkt. Dies ist nun schon realistischer und deshalb kann die Investment Berufsunfähigkeitsversicherung der Gothaer für Personen interessant werden, welche sich den Chancen, aber auch den Risiken bewusst sind. 

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