Zum Hauptinhalt springen

Unsere Wünsche an die künftige Bundesregierung für die Riesterrente

| Allgemein & Über Uns

Der Gesetzgeber macht es sich sehr einfach. Man kritisiert die Riesterrente, aber die Parameter dafür hat man selber gesetzt. Das ist aber leider ein altbekanntes Phänomenen, dass die Bundesregierung und generell die Politik einfach nicht zu Ende denkt und Polemik vor Fachkenntnis steht. Dies sieht man nicht nur im Bereich der Altersvorsorge, sondern auch natürlich in weiteren Bereichen. Aber darauf möchten wir jetzt nicht eingehen, das würde den Rahmen sprengen.

Unsere Wünsche an die Bundesregierung für die Riesterrente

Die Idee einer privaten Altersvorsorge, welche staatlich gefördert ist, ist an sich keine dumme Idee. Jeder normale Mensch weiß, dass die gesetzliche Rente auf wackeligen Füßen steht. Wir werden glücklicherweise alle immer älter und auch vitaler im Alter - somit beziehen wir auch länger die verdiente Rente. Aber da wir ein Umlagesystem haben in der Bundesrepublik, muss dies natürlich von den Einzahlern sofort bezahlt werden. So wurde damals Anfang der 2000er die Riesterrente eingeführt, welche einen Teil der Rentenkürzungen auffangen soll.

Die Grundidee der Riesterrente ist sehr gut, aber aufgrund verschiedener Mechanismen, welche vom Staat vorgegeben sind, hat die Riesterrente für manche eklatante Schwächen.

Wir wünschten uns folgende Verbesserungen bei der Riesterrente

1. Die Beitragsgarantie bei der Riesterrente von 100 Prozent muss endlich fallen

Das ist gleich der wichtigste Punkt. Riester ist so konzipiert, dass die eingezahlten Beiträge sowie die erhaltenen staatlichen Zulagen (Kinderzulage sowie die Grundzulage) zum Ende der Laufzeit garantiert werden müssen.
Dies klingt auf den ersten Blick erst einmal positiv. Alles, was man einzahlt, soll auch garantiert werden. Riester wurde aber zu einer Zeit entworfen, wo es noch wirklich nennenswerte Zinsen auf vermeintlich sichere Anlagen gab. Dies ist aufgrund der Niedrigzinsphase seit Jahren passe. Da die Riesteranbieter am Markt aber die Beitragsgarantie gesetzlich darstellen müssen, erfolgt die Anlage in niedrig verzinste Papiere, da es hohe Zinsen einfach nicht mehr gibt. Z.B. sind Staatsanleihen der “großen” Länder wie Deutschland im negativen Bereich. Würdest Du also Deutschland für 10 Jahre Geld leihen, bekommst Du nach 10 Jahren weniger zurück, als was Du gegeben hast. Selbst, wenn Du Deutschland für 30 Jahre Geld leihen würdest, hast Du derzeit eine Nullrendite.

Folgende Graphik zeigt das Dilemma sehr schön - über praktisch alle Laufzeiten gibt es eine Negativrendite (erste Spalte):

Quelle: https://de.investing.com/rates-bonds/germany-government-bonds

Das die Investition in die Wertschöpfung (sprich Aktien) langfristig die beste Anlage darstellt, dürfte sich mittlerweile rumgesprochen haben. Das Korsett der Riesteranbieter ist aber sehr eng gestrickt - man darf einen Großteil seines Geldes in festverzinsliche Anlagen stecken, welche keine oder sogar eine Negativrendite ausweisen.

Warum überlässt man es nicht dem Riesterkunden, welche Beitragsgarantie er möchte?

Derweil wäre die Lösung so einfach. Wie auch bei einer Privaten Rentenversicherung oder auch einer Basis / Rüruprente überlässt man es dem Kunden, welche und ob überhaupt eine Beitragsgarantie eingebaut werden soll. Wir sind doch alles mündige Bürger zum einen und zum anderen zeigt doch jede wissenschaftliche Studie sowie generell die Vergangenheit, dass das Verlustrisiko am Aktienmarkt gleich Null ist bei einer Laufzeit von 15 Jahren und mehr (selbst, wenn man am schlechtesten Zeitpunkt eingestiegen ist).
Lieber Staat, überlasst es doch den Bürgern, welche Beitragsgarantie jeder Einzelne haben möchte. In unseren Augen benötigt man gar keine staatliche Bevormundung. Möchte man eine Garantie (seien es auch nur 80 %), kann man dies auch wunderbar selber oder auch mit seinem Berater (ja, das könnten auch wir sein) darstellen. Einfach der Switch von reinen Aktienfonds / ETF´s auf Misch-, Renten- oder gar Geldmarktfonds. Traut uns doch etwas zu.
Die Sache mit dem Negativzins bzw. der Niedrigzinsphase habt Ihr ja uns auch eingebrockt aufgrund der völligen Überschuldung der Haushalte. Hätten wir ein Zinsniveau wie vor 20 Jahren, wären viele Länder in der EU faktisch pleite und nicht mehr handlungsunfähig…

Bei der staatlich geförderten Basisrente (gerne einen Blick auf “Was ist die beste Basisrente & welche empfehlen wir?” werfen) klappt es doch auch. Der Bürger kann die Basisrente auswählen, welche ihm am besten zusagt. Komplett in Aktien oder eher mit angezogener Handbremse, wahlweise auch eine klassische Variante. Gängelt uns nicht, denn dann kann auch die Riesterrente ein Erfolg werden. Man kann dieser dann den Stempel “Staatlich geförderte Aktienrente” geben - klingt doch gleich besser. Dann kann jeder investieren wie er möchte. Ob Small & Midcap´s Fonds, ETF´s, Nachhaltige Investmentfonds oder einfach die typischen Klassiker als Aktienfonds.

2. Öffnung für alle Berufsgruppen - somit auch für Selbstständige!

Die Lebensläufe sind heute nicht mehr starr. Auf einen Arbeitnehmerjob kann durchaus mal eine Selbstständigkeit folgen und nach einigen Jahren folgt wieder eine Festanstellung. Alles kein Problem in der heutigen Zeit.
Bei der Riesterrente aber schon. Hier dürfen nicht alle Bevölkerungsgruppen riestern. Das merkten die Bierl´s am eigenen Leib. Während des Angestelltenverhältnisses konnte man Riester und die staatlichen Vorteile (Steuern sparen & Zulage) genießen. In der Selbstständigkeit ist dies nicht mehr möglich (außer über die Ehefrau).
Warum sagt man nicht einfach “Es können in Deutschland alle riestern, welche Steuern zahlen bzw. Kinder haben”? Wieso muss man einen Keil zwischen Selbstständige und Angestellte treiben? Das kann man doch keinem normalen Menschen erzählen. In seine persönliche Altersvorsorge sollte man beständig einzahlen und nicht ständig darauf achten müssen, ob man jetzt noch förderungsfähig ist oder welcher Stelle man jetzt Bescheid geben muss, dass man nun riestert.  

Die Riesterrente soll einfach für jeden gelten mit Lebensmittelpunkt in Deutschland. Punkt aus.


3. Vereinfachung des Zulageverfahrens in der Riesterrente über das Finanzamt

Jetzt verraten wir Euch mal ein Geheimnis. Wir haben bei uns im Unternehmen eine 450-Euro Kraft angestellt, welche sich zum größten Teil ihrer Arbeitszeit mit der korrekten Zulagenprüfung auseinandersetzt. Hier passieren nämlich Dinge, wo man nur den Kopf schütteln kann.

  • Da werden einem Landwirt rückwirkend für 7 Jahre die Zulagen gestrichen, da er ein falsches Zulagenformular der Riestergesellschaft ausgefüllt hat!
  • Ein Beamter erhält keine Zulage, da er seinem Dienstherren nicht Bescheid gegeben hat, dass dieser riestert!
  • Aus dem Nichts werden einfach ohne Begründung Zulagen gestrichen, obwohl man immer Zulagenberechtigt war!
  • Es erfolgte eine Zulagenrückforderung weil die Kundin die Kindererziehungszeiten nicht angegeben hat oder das Formular nicht richtig ausgefüllt war!
  • Eine Kundin war mal mittelbar, mal unmittelbar zulagenberechtigt, in dem Wirrwarr kam sie durcheinander und hat dies falsch angegeben, Zulagen wurden komplett gestrichen!

In vielen Fällen geht´s um mehrere Tausend Euro. Da mischen wir uns für die Kunden ein, auch wenn wir extra eine Stelle dafür bilden mussten (man kann hier Festsetzungsanträge stellen, deren Bearbeitung aber meist mehrere Monate dauert). Der Staat sieht dies wohl als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme an und hat selber in Berlin eine eigene Zulagenstelle errichtet.
Derweil wäre die Lösung so einfach = die Finanzämter kontrollieren einfach die Riesterzulage, da diese bekanntlich eh schon die Steuervorteile prüfen (der Steuervorteil ist nämlich für Gutverdiener der herausragende Punkt pro Riester). Wir verstehen es nicht, weshalb man eine Extrabehörde rein für Zulagen erschaffen musste und weshalb das Zulageverfahren immer wieder so zäh läuft. Zu uns kommen immer wieder Neukunden, welche seit 10 Jahren in ihrem Riester keine Förderungen erhalten haben und niemand hat sich darum gekümmert. Du kannst Dir sicher sein, dass wir unsere 450-Euro Mitarbeiterin für weitere Alltagsangelegenheiten besser beschäftigen könnten als nur für die Prüfung der Riesterzulagen…


4. Dynamisierung der geförderten Beiträge bei der Riesterrente

Die 2.100 Euro an geförderten Beiträgen sind seit fast zwei Jahrzehnten fest. In der Zwischenzeit gab es durchaus eine nennenswerte Inflation (in manchen Bereichen wie den Mieten oder Baupreisen etwas mehr, in anderen etwas weniger) und somit Kaufkraftverlust. Die maximale staatliche Grenze an Förderung liegt weiterhin bei 2.100 Euro. Warum lässt man diese nicht jedes Jahr anwachsen? Gekoppelt am Verbraucherpreisindex, der Inflation oder einfach pauschal um 2-3 Prozent (da könnte man dann direkt im Riestervertrag eine Dynamik einbauen).
Auch damit würde man die Rentenlücke etwas kleiner werden lassen.

Das einzige, was in den letzten Jahren passierte, war die Erhöhung der Grundzulage von 154 auf 175 Euro sowie die Erhöhung der Kinderzulage auf 300 Euro (die Kinderzulage begrüßen wir übrigens ausdrücklich). Das hat jetzt nur den Effekt, dass nun oftmals weniger Eigenbeitrag benötigt wird = man also wieder weniger einzahlt. Erhöhen wir doch auch die Grenzen der Förderungen, ebenso sollte die Zulagenhöhe dynamisiert werden.


5. Liebe Bundesregierung, geht ehrlich mit der Riesterrente um!

Diese ist kein Rohrkrepierer, sondern mit einigen großen Veränderungen eine wirklich tolle Sache.
Das Geschenk an die Bausparkassen mit Wohnriester hättet Ihr Euch aber schenken können. In so gut wie keiner Beratung wurde jemand über die Nachteile aufgeklärt wie einer lebenslangen Rückzahlung der Steuern. Genau das Gegenteil sollte doch eigentlich passieren in der Rentenphase - man bekommt Geld aus seiner privaten Altersvorsorge und man muss nicht zusätzlich noch etwas zahlen.
Überdenkt bitte auch (was manche Verbraucherschützer als die sinnvollste Riesterrente ansehen) die fondsgebundenen Riesterfondssparpläne, denn diese haben ebenfalls erhebliche Konstruktionsfehler, wie man unter “Warum Du dies jetzt lesen solltest, wenn Du einen Riesterfondssparplan der Deka, DWS oder Union Investment besitzt!” nachlesen kann.

Wir halten wenig von so etwas wie einem Deutschlandfonds, wo der Staat für seine Bürger anspart. Die Erfahrung zeigt, dass so etwas zweckentfremdet wird. Es ist schon richtig, dass man auf seinen Namen einen Vertrag abschließt und man auch die freie Auswahl zwischen den Anbietern besitzt, welche unterschiedliche Vorteile, aber auch Nachteile anbieten und man somit frei auswählen kann.
Natürlich gibt es auf Versicherungsseite auch schwarze Schafe mit erheblich hohen Kosten. Aber wir haben uns wirklich viel mit Riester beschäftigt (siehe “Was ist die beste Riesterrente in unseren Augen?”) und können diese These nicht bestätigen. Es gibt wirklich tolle, günstige und (den Umständen entsprechend) flexible Anbieter. Würde das Bürokratiemonster noch geringer werden, dann könnten nochmals die Kosten gesenkt werden.


Fazit zu unseren Wünschen an die Bundesregierung zur Riesterrente

Unsere Vorschläge dürften plausibel sein. Vielleicht liest diese auch ein Politiker. Vielleicht schicken wir diese Vorschläge auch an unsere Vertreter im Bundestag. Macht bitte eine sinnvolle private Altersvorsorge nicht kaputt, denn rein nüchtern betrachtet hat die Riesterrente viele Vorteile zu bieten, wenn einzig und allein noch an den Stellschrauben massiv gedreht wird.
Stand jetzt ist die Riesterrente aufgrund der Senkung des Höchstrechnungszins der Lebensversicherung von 0,9 % auf 0,25 % aber ab 01.01.2022 vor dem Aus. Liebe künftige Bundesregierung - steckt die Köpfe vorher aber zusammen und besinnt Euch keiner Ideologie sondern Sach- sowie dem gesunden Menschenverstand. 

Angemerkt sei noch in kurzer Sache = Wir finden es befremdlich, wenn die Politik zuerst Riester komplett in den Himmel lobt, dass dies jeder machen soll und man damit einen Teil seiner Rentenlücke schließt. Nachdem man aufgrund der Regularien die Riester teilweise selber zerschossen hat, nimmt man wieder Abstand davon und schimpft darauf. Aber das ist leider bei vielen Themen derzeit so. Zuerst möchte man den Bundesbürger etwas vorschreiben und nachdem man eine Sache aber selber vermasselt hat, schiebt man die Schuld auf andere. Aber lassen wir das…