Fundstück der Woche – sind das ernsthaft gestellte Gesundheitsfragen?
| Versicherungen
Wenn wir mal etwas Zeit haben (ok, das kommt selten vor), dann schauen wir uns doch immer wieder gerne neue Produkte und auch Versicherungsgesellschaften an, mit denen wir bisher eher wenig Berührungspunkte hatten & wir auch durch Kollegen nicht darauf aufmerksam gemacht wurden. Wir gehen aber immer unvoreingenommen an solche Sachen heran, evtl. verbirgt sich ja eine kleine und unbekannte Perle als Versicherungsgesellschaft?
So taucht über unserem Vergleichsrechner in der Risikolebensversicherung immer wieder die „Vorarlberger Versicherung auf“, welche bei uns im Beratungsalltag noch nie eine Rolle gespielt hat. Aber vielleicht hat die Gesellschaft einen interessanten Tarif? Tolle Gesundheitsfragen? Unverschämt günstige (aber hoffentlich doch nachhaltige) Tarifbeiträge? Zumindest der Name klang schon mal toll, immerhin grenzt das schöne Vorarlberg an Bayern und somit dürfte es keine Verständigungsschwierigkeiten zwischen uns geben. Wir können als Finanzberatung nämlich (fast) alles, außer Hochdeutsch.
Die Risikolebensversicherung nimmt ja bei uns mittlerweile einen sehr großen Stellenwert ein, was sich auch in den Anträgen im Laufe der Jahre wiederspiegelt. Immerhin gibt es in der RLV keinen Sinn oder Unsinn – diese Versicherung ist schlichtweg extrem wichtig, wenn gerade eine Familie gegründet wird und / oder eine Immobilienfinanzierung stattfindet (hier gibt es auch immer vereinfachte Gesundheitsfragen). So freuen wir uns über neue Marktteilnehmer wie über die Vorarlberger Versicherung. Gesundheitsfragen spielen in unserem Beratungsalltag bekanntlich eine sehr große Rolle – immerhin entscheidet die richtige und korrekte Beantwortung darüber, ob im Leistungsfall die gewünschte Absicherung fließt oder nicht (zumindest in den ersten 10 Jahren). Somit lieben wir eine klare, rechtssichere und für den normalen Verbraucher einfach gestellte Fragestellung. Je weniger Minenfelder man dem Interessenten in den Weg legt, desto besser ist es.
Wie sind aber die Gesundheitsfragen der eher unbekannten Vorarlberger Versicherung in der RLV?
Als wir diese gelesen haben, sind wir eigentlich erst einmal vom Stuhl gefallen. Also jetzt sprichwörtlich, nicht in echt. Unserer Unfallversicherung mussten wir es also nicht melden ;). Schauen wir uns diese jetzt aber mal etwas genauer an und markieren einige besondere Gesundheitsfragen:
Puh, also das ist schon lustig. Im negativen Sinne. Nicht so gute Gesellschaften haben die erste Frage auch im Antrag bei der Berufs- wie Risikolebensversicherung. Aber jeglicher uns bekannter Anbieter hat natürlich hier eine zeitliche Begrenzung drin ala „Hatten Sie in den letzten 5 Jahren Erkrankungen, Störungen oder Beschwerden hinsichtlich….“. Besser wäre es natürlich mit „Waren Sie in den letzten 5 Jahren in ärztlicher Behandlung wegen…..“.
Aber diese Fragestellung ist ja eigentlich ein Witz.
Schauen wir sie uns etwas genauer an:
„1. Haben oder hatten Sie Erkrankungen, Störungen oder Beschwerden:“
Du bist jetzt also Mitte 30 und möchtest Deine Familie absichern. Jetzt kommt die Frage, ob Du jemals schon mal Beschwerden hattest wegen einer Vielzahl von Erkrankungen. Also auch, ob Du mal im Kindesalter Beschwerden hattest. Soweit lehnen wir uns jetzt mal aus dem Fenster, dass jeder Mensch auf diesem Planeten schon mal im Laufe seines Lebens „Erkrankungen, Störungen oder Beschwerden“ hatte. Das würde also für den Antrag zur Risikolebensversicherung bei der Vorarlberger Versicherung bedeuten, dass man seine gesamte Gesundheitshistorie seit Geburt sauber aufbereiten müsste. Wenn Dir also extrem langweilig ist, ist dies sicherlich eine wunderbare Beschäftigung in der Freizeit. Dürfte aber schwer sein für die Krankenakte von vor 27 Jahren. Aber vielleicht liebst du ja Herausforderungen.
„2.Haben oder hatten Sie“….
„c).….andere Krankheiten, Störungen oder Beschwerden, nach denen nicht ausdrücklich gefragt wird“
Also jetzt wird es hinten höher als vorn. Ein Versicherer fragt ab - also genau umgekehrt. Der Interessent muss dem Versicherer nach eigener Einschätzung alle Erkrankungen, Störungen und Beschwerden mitteilen, welche er seit Geburt (da unbegrenzt gefragt wird) hatte. Also so etwas haben wir in all unserer beruflichen Laufbahn auch noch nicht erlebt.
„4.a) Haben Sie Unfälle, Verletzungen oder Vergiftungen erlitten“
Bitte auch dies sauber aufbereiten. Bitte die Eltern fragen, ob Du Dich mal im Alter von 4 Jahren mit dem Fahrrad nicht so elegant bewegt & die Straße von unten geküsst hast. Auch das wäre anzugeben. Viele haben auch mal Fußball im Verein gespielt, nur die wenigstens dürften verletzungsfrei durch die Runden gekommen sein. Hier würde ein Neymar schnell an seine Grenzen zur persönlich passenden Risikolebensversicherung kommen. Seine angeblichen Verletzungen dürften häufiger vorkommen, als ein Knöllchen im Münchener Stadtverkehr.
5. Wurden Sie operiert oder ist eine Operation angeraten worden?
Auch hier bitte in Deiner eigenen Patientenakte wühlen. Vielleicht wurde man als Kind oder Jugendlicher mal operiert und hat es schon längst wieder vergessen oder kann sich nur noch schemenhaft daran erinnern?
6. Waren Sie sonst in einem Krankenhaus…?
Allein diese Frage zeigt die ganze abstruse Sache. Man müsste nämlich die eigene Geburt anzeigen, da die Frage auch wieder nicht zeitlich begrenzt ist. Wir sind jetzt eigentlich schon lang im Geschäft rund um den Bereich der Biometrischen Absicherung, aber so etwas haben wir auch noch nicht gesehen ;-).
10. Sind bei Eltern oder Geschwistern Tuberkulose, Krebs, Herz- oder Gefäßerkrankungen, Zuckerkrankheit, Geistes- oder Nervenkrankheiten, Epilepsie oder Selbstmord vorgekommen?
Jetzt wird nochmal eines drauf gesetzt. Nicht nur Du sollst Deine Krankenakte seit Geburt intensiv aufarbeiten, sondern auch Deine Eltern und Geschwister. Wenn Du Dich inmitten Deiner Familie mal wieder triffst und Dir gehen die Themen aus, dann weißt Du gleich, was Du ansprechen kannst. Vielleicht hat ein Elternteil von Dir vor 47 Jahren eine Gefäßerkrankungen gehabt? Dann musst Du dies sauber angeben. Dann kommen die Geschichten von früher ans Tageslicht. Das kann ein durchaus interessanter Abend werden.
Liebe Vorarlberger Versicherung, wir haben euch jetzt die Chance gegeben, dass Ihr in unser Rampenlicht kommt. Ok, Ihr habt es geschafft mit einem eigenen Blogartikel, aber nicht im positiven Sinne. Wir kennen viele kleine & feine Versicherungsgesellschaften, welche sich im Bereich Leben sowie anderen Sparten positiv von den ganzen großen Gesellschaften abheben, aber so wird das nichts. Dies können und wollen wir unseren Kunden und Interessenten nicht antun – da ist die Thematik rund um die Vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung schon vorprogrammiert. Wenn diesen Artikel gerade ein „CEO“ von einem megafantastischen „Start UP Unternehmen“ liest, welches sich auf die Risikolebensversicherung spezialisieren möchte, dann habt Ihr gleich einen Vorschlag, wie man es auf keinen Fall machen sollte. Weder mit den direkten Endkunden (auch wenn diese völlig neu cool die RLV vielleicht per App abschließen können) noch für uns als freie Versicherungsmakler. Damit gewinnt man keinen Blumentopf und ist der Loser auf jeder Party.